100.000 neue Fahrradstellplätze an Bahnhöfen sollen entstehen Neustadt (Hessen) ist mit 76 dabei
Die Zahl der Verkehrsteilnehmer, die sich in Deutschland dafür entscheiden, mit Fahrrad und Bahn mobil zu sein, soll deutlich erhöht werden. Bisher geht es hier nur langsam voran. Einer der Gründe: Es besteht Bedarf an guten und vor allem sicheren Fahrradabstellmöglichkeiten an deutschen Bahnhöfen – so auch in Neustadt (Hessen).
Mit der Bike & Ride-Offensive hat die Deutsche Bahn bereits im Jahr 2019 ein Förderprogramm initiiert, um den gezielten Zubau an Radabstellanlagen an Bahnhöfen zu beschleunigen. Durch die Förderung des Bundesumweltministeriums im Rahmen der Nationalen Klimaschutzrichtlinie sollen zunächst 100.000 neue Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen entstehen. Projektträger ist dabei das Forschungszentrum Jülich.
Auch die Stadt Neustadt (Hessen) beteiligt sich an der Bike & Ride-Offensive.
Auf dem Bahnhofsvorplatz, so Bürgermeister Thomas Groll, werden 48 überdachte Stellplätze sowie eine Sammelschließanlage mit 24 Plätzen entstehen. Hierfür rechnet man mit Kosten von 135.000 Euro, wobei die Förderung für die Kommune 95.000 Euro beträgt.
Einer Anregung der Stadtverordneten Merve Hamel folgend, legt man zudem vier Lastenradboxen an.
Zudem stellt die Kommune neun Schließfächer mit Ladeanschluss für E-Bike Akkus auf.
Für diese beiden Vorhaben fallen nochmals Kosten von 36.000 Euro an. Auf Nachfrage des Bürgermeisters hat der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) angekündigt, sich hieran mit rund 25.000 Euro zu beteiligen.
Momentan haben die vorbereitenden Arbeiten begonnen. Mitarbeiter des städtischen Bauhofs legen die Fundamente an.
„Unser Bahnhof soll im Lauf des nächsten Jahrzehntes zu einer Mobilitätszentrale werden. Als erster Bahnhof im RMV-Verbandsgebiet wollen wir attraktiv sein. Die Radabstellanlagen sind der erste Schritt, dem noch viele weitere folgen müssen“, so Neustadts Bürgermeister.
Konkret denkt er hier an die Schaffung einer Park & Ride-Anlage und den barrierefreien Zugang zu den Gleisen.
„Die Bahn hat angekündigt, erst ab 2024 mit uns wieder über die Park & Ride-Anlage reden zu wollen, weil sie zuvor keine Flächen abgeben könne. Hier sind wir seit 1995 aktiv. Bisher leider ohne Erfolg. Wer mittags am Bahnhof ist, sieht sofort den Handlungsbedarf“, betont Groll.
In diesem Zusammenhang interessiert sich die Kommune für das Grundstück des kürzlich abgebrannten Landhandels Knapp und hat der Bahn diesbezüglich Interesse signalisiert.
Im Hinblick auf die Barrierefreiheit sei Neustadt inzwischen auf einer Prioritätenliste verzeichnet, aber vor 2028 dürfte nichts passieren.
„Beispiele anderer Kommunen lehren uns, dass es auch hier langsam vorwärts geht und sich die Kommunen finanziell beteiligen müssen. Darüber kann man sicher meckern, aber das nützt im Ergebnis nichts. Wir müssen uns der Realität stellen“, so Thomas Groll.
Der Standort der Radabstellanlagen wurde von der Deutschen Bahn vorgegeben. Die Lastenradboxen hat die Kommune passend dazu ausgewählt.
Auf Seiten der Stadtverwaltung betreute Fachbereichsleiter Holger Michel die Beantragung der Fördermittel.
„Sicher werden manche jetzt sagen, dass wir nie und nimmer 76 Abstellplätze brauchen. Damit haben sie wahrscheinlich sogar recht. Aber wir planen nicht für heute, sondern für die Zukunft und da dürfte nach allen Prognosen der Bedarf wachsen. Heute gibt es die Möglichkeit, Fördergelder zu bekommen und das Vorhaben aus einem Guss umzusetzen. Wer weiß, wie dies in 5 Jahren wäre“, erläutert Bürgermeister Groll.
Er hofft sehr, dass die Anlage nicht zum „Spielfeld“ von Sachbeschädigern wird.
Im Hinblick auf das „Sorgenkind“ Bahnhof steht die Kommunen seit September 2022 endlich wieder in Kontakt zum Eigentümer und wartet nun auf dessen „letztes Angebot“. Bisher sind die Vorstellungen von Kommune und Eigentümer allerdings weit auseinander.
„Wir haben Schmerzgrenzen und das wurde dem Erwerber des Bahnhofs deutlich gemacht. Sollten wir das Gebäude erwerben können, würde nicht sofort mit der Sanierung begonnen werden können. Dazu bedarf es Fördermittel. Aber dringend notwendige Reparaturen brächten wir sicher auf den Weg“, so Thomas Groll mit Blick auf das in Teilen marode Gebäude.