1.000 Worte - 2 Gedanken
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
„Der rosarote Panther“ (Originaltitel „The Pink Panther“) ist eine 1963 entstandene US-amerikanische Kriminalkomödie mit so berühmten Schauspielern wie David Niven, Peter Sellers und Robert Wagner sowie der italienischen Filmdiva Claudia Cardinale in den Hauptrollen. Ihr folgten weitere „Pink-Panther“-Filme und darüber hinaus eine gleichnamige Zeichentrickserie, die auf Basis der für den Filmvorspann entwickelten Zeichentrickfigur entstand. Diese wurde in Deutschland erstmals 1973 im ZDF ausgestrahlt. Bis in die 1980er Jahre hinein wurden dann über 120 Kurzfilme gedreht. Der Panther erhielt bei uns den Vornamen sympathisch klingenden Vornamen „Paulchen“ und verfügte über eine große Popularität. Ich erinnere mich noch daran, dass es stets gereimte Kommentare gab, die das Gesehene nicht nur treffend beschrieben, sondern für die Zuschauer auch zusätzliche Informationen lieferten. Vor vierzig, fünfundvierzig Jahren liefen übrigens viele gelungene Zeichentrickserien im Fernsehen. Ich denke beispielsweise gerne an „Heidi“, „Biene Maja“, „Wickie“, „Kimba, den weißen Löwen“ oder „Grizu, den kleinen Drachen“ zurück. Damals gab es zwar wenige Programme, aber viel Qualität. Heute ist es eher umgekehrt…
Als ich jetzt auf den Kalender schaute, wurde mir bewusst, dass das Jahr 2020 langsam, aber sicher seinem Ende entgegengeht. Da kam mir die Titelmelodie vom „Rosaroten Panther“ in den Sinn. Dort heißt es:
„Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät?“
An der Uhr haben wir ja am vergangenen Wochenende auch alle gedreht, auf diese Weise eine Stunde „gewonnen“ und uns damit zugleich von der „Sommerzeit“ verabschiedet.
Seien wir einmal ehrlich: Möchten wir nicht alle gerne an der Jahresuhr 2020 drehen und dabei die vergangenen Monate einfach überspringen? Würden wir – in der Erwartung, dass ein Impfstoff gegen das Corona-Virus erst im Laufe des Jahres 2021 für alle zur Verfügung stehen dürfte – nicht gleich im Neustädter Jubiläumsjahr 2022 (750 Jahre beurkundete Stadtrechte) landen wollen? Eine andere Alternative wäre, wie Grimms „Dornröschen“ in einen langen Schlaf zu verfallen, bis der „Spuk“ endlich vorüber ist. Leider wird uns nichts davon gelingen.
Die vergangenen und kommenden Monate werden uns vielmehr als ein Annus horribilis in Erinnerung bleiben. Ein Begriff, den Queen Elizabeth II. im November 1992 anlässlich einer Rede zu ihrem 40. Thronjubiläum prägte. Fürwahr, 1992 war für die Monarchin ein „schreckliches Jahr“: Windsor Castle wurde bei einem Brand schwer beschädigt und mehrere wertvolle Kunstwerke gingen unwiederbringlich verloren, Mauritius wurde in eine Republik umgewandelt und die Königin war folgerichtig nicht mehr Staatsoberhaupt der ehemaligen britischen Kolonie, Prinz Andrew und Sarah Ferguson trennten sich, ihre Tochter Anne wurde geschieden und die Ehekrise von Charles und Diana sorgte für negative Schlagzeilen.
Neben „schrecklich“ fallen uns allen sicherlich weitere passende Worte ein, um die Zeit seit März 2020 zu beschreiben. Nehmen Sie sich doch einfach einmal ein Blatt Papier und schreiben auf, was Ihnen dazu gerade durch den Kopf geht.
Ich bin mir sicher, dass auf vielen Zetteln Worte wie Krise oder Herausforderung stehen werden. Dazu gibt es ein passendes Zitat des 1963 in Dallas ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy (1917-1963): „Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen – das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.“
Dies erscheint mir in diesen Tagen und Wochen, in denen die Zahl der Infizierten sprunghaft ansteigt, die richtige Herangehensweise zu sein. Reden wir uns nichts schön, aber eben auch nichts schlimmer, als es ist. Das Corona-Virus ist nicht harmlos. Wir bemerken dies an der zunehmenden Zahl von Erkrankten in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen. Der Verlauf einer Infektion lässt sich leider nicht vorhersagen. Wir können aber alle etwas dafür tun, dass sich die Lage in unserem Landkreis und in Deutschland wieder stabilisiert. Diese Botschaft muss sofort (!) in alle Köpfe hinein, denn nur dann gelingt das Unterfangen. Es ist spät, aber noch nicht zu spät … Noch können wir etwas „drehen“, etwas erreichen.
Vergessen wir nicht: Um ein Ziel zu erreichen, braucht man den Willen und den Kampfgeist!
Corona bietet für uns alle aber auch die Chance, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Die bisher gesetzten Prioritäten in Arbeit und (Privat-)Leben einmal (selbst-)kritisch zu hinterfragen. Denn schon die alten Griechen wussten, dass es nichts Schlechtes gibt, an dem nicht auch etwas Gutes ist.
Dieses Hinterfragen ist zugegebenermaßen nicht einfach. Ihnen wird es da sicher nicht anders ergehen als mir, denn manche Antwort mag uns gar nicht gefallen.
*******
In aufwühlenden Zeiten kommt es vor allem auf Orientierung an. An wem oder was können wir unser eigenes Verhalten ausrichten? Sicherlich an Vorbildern, aber auch an Mut machenden bzw. Weg weisenden Worten. Daran mangelt es mir gegenwärtig etwas, zumindest in den allen zugänglichen Medien.
Ein Politiker mit dem Charisma eines John F. Kennedys hätte in Zeiten der Corona-Pandemie sicherlich eine große Rede an die Nation gehalten. Er wusste um die Bedeutung von Worten und Gesten. Denken Sie nur an seinen Auftritt im Juni 1963 auf dem Balkon des Schöneberger Rathauses und den unvergesslichen Ausspruch „Ich bin ein Berliner.“
Kürzlich las ich einen Artikel, in dem die Frage aufgeworfen wurde, was wohl Winston Churchill (1874-1965) zum Umgang mit Corona gesagt hätte. Aus dessen großem Repertoire aus Zitaten wählte der Autor zur Beantwortung der Frage folgendes Wort aus: „Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes. Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist.“ Anders formuliert: Es kommt nicht alleine auf Worte an, sondern darauf zu handeln.
Handeln tun die Verantwortlichen in Bund und Land. Das meiste davon ist richtig und wird von einer großen Mehrheit mitgetragen. Aber sie kommunizieren mir zu wenig oder tun es vorrangig in den sozialen Medien. Sie müssen deutlich sagen, wie sie die Situation in Deutschland einschätzen und warum sie welche Entscheidung treffen und sollten dies zur besten Sendezeit im Fernsehen tun. Vor diesem Hintergrund begrüße ich es, dass die Bundeskanzlerin morgen eine Regierungserklärung zum Umgang mit der Corona-Pandemie im Deutschen Bundestag abgibt. Ich erhoffe mir eine Wegweisung davon.
Orientierung haben in den letzten Jahrzehnten aber auch immer wieder die christlichen Kirchen oder bedeutende Schriftsteller gegeben. Auch hier ist es wohl nicht nur mir gegenwärtig viel zu ruhig. Wo ist etwa der Hirtenbrief der deutschen katholischen Bischöfe zur gegenwärtigen Situation?
Wohltuend empfand ich kürzlich ein Statement des aus Mardorf stammenden Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick. Dieser hat sich darin u.a. gegen ein Kleinreden der Herausforderung durch die Corona-Pandemie gewandt. Kirche und Welt seien in einer tiefgreifenden, bis an die Wurzel gehenden Orientierungsphase. Das verstehe im Augenblick fast jeder, außer einigen unverbesserlichen Corona-Leugnern. Klare Worte, die nötiger sind denn je.
Bleiben Sie aufmerksam & gesund
Thomas Groll
Bürgermeister