Wurzeln schlagen. Menschen und Pflanzen im Exil.
Eine im September 2023 vom Verein Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. initiierte kulturgeschichtliche Wanderausstellung war Ende Juni/Anfang Juli 2024 im Foyer des Neustädter Rathauses zu besichtigen. Sie ist Teil einer europäischen Gesamtausstellung, die unter dem Rahmenthema „Exil, Integration und Verwurzelung“ die Beiträge der Glaubensflüchtlinge Hugenotten und Waldenser zur Kulturgeschichte von Acker- und Gartenbau, Ernährung und Kochkultur präsentiert und interpretiert. Historische, botanische, pädagogische, theologische und interkulturelle Aspekte ergänzen sich in dieser Ausstellung und laden zum gegenseitigen Austausch ein.
Neustadt (Hessen) ist seit einigen Jahren Mitglied des Vereins Hugenotten- und Waldenserpfad e.V.. Der Stadtteil Mengsberg liegt nämlich an dem entsprechenden europäischen Kulturfernwanderweg. Der vom Kasseler Landgrafen Carl einst angedachte Treidelkanal zwischen Weser und Ems hätte auch an Mengsberg vorbeiführen sollen.
Bei der Eröffnung der Wanderausstellung verwies Bürgermeister Thomas Groll darauf, dass um 1560 herum die Bezeichnung „Hugenotten“ für die Anhänger des Calvinismus in Frankreich entstand. Diese seien in jener Zeit vom Königshaus mit dem Tod bedroht worden. Die „Hugenotten-Kriege“ hätten bis 1598 angedauert. In deren Folge seien viele Hugenotten ins Ausland geflohen. Dort gründeten sie reformierte Gemeinden. Vor allem geschah dies in Berlin und Brandenburg, den Niederlanden, England, aber auch Nordamerika.
Gern nahm man in jenen Ländern die Hugenotten auf, denn sie waren leistungsfähig und strebsam. Dort wo sie hinzogen, kam sei es oft zu einer Blüte der Wirtschaft und besonders der Landwirtschaft gekommen. Die Bevölkerung aber blickte oft mit Neid auf die reichen Hugenotten, denen von den Herrschenden Kredite und andere Vorteile gewährt wurden.
In unserer Gegend, so Bürgermeister Groll, gab es beispielsweise in Schwabendorf (Rauschenberg) oder Frankenhain (Schwalmstadt) Hugenotten-Siedlungen. Heute noch hält man dort an jenem Erbe fest.
Bürgermeister Thomas Groll erinnerte daran, dass die Aufnahme von Hugenotten sicherlich aus politischen und wirtschaftlichen Gründen geschah, aber durchaus auch ein Zeichen der Toleranz etwa des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg im 17. Jahrhundert war.
Dr. Renate Buchenauer die Koordinatorin des Verein Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. für die Ausstellung richtete ebenfalls ein Grußwort an die Anwesenden. Sie erläuterte vielfältige Errungenschaften, die man den Hugenotten zu verdanken habe und erwähnte beispielsweise den Dampfkochtopf oder die Zuckergewinnung aus Rüben. Einige der Märchen der Brüder Grimm seien ebenfalls hugenottischen Ursprungs.
Fotos: Stadt Neustadt (Hessen)
P1032849.jpg, P1032834.jpg, 1032846.jpg