Nahmobilitätscheck für Neustadt liegt vor - Planer analysieren Situation vor Ort und zeigen Perspektiven auf
2021 trat die Stadt Neustadt (Hessen) der Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen (AGHN) bei, um sich, so Bürgermeister Thomas Groll, auch in diesem für die Zukunft wichtigen Themenfeld besser zu vernetzen.
Die AGNH ist ein Zusammenschluss aus hessischen Städten, Gemeinden und Landkreisen, Hochschulen, Verbänden und Verkehrsverbünden, die gemeinsam ein Ziel verfolgen: mit vielfältigen Maßnahmen will man den Fuß- und Radverkehr in Hessen deutlich stärken und fördern und damit die Lebensqualität in den Regionen und Kommunen nachhaltig weiter verbessern.
Der Magistrat hat sich im Weiteren für ein konzeptionelles Vorgehen für die Kernstadt und die Stadtteile entschieden und in den letzten Monaten für rund 20.000 Euro einen sogenannten Nahmobilitätscheck erstellen lassen. Dieser wird vom Land Hessen mit 70 % gefördert.
Mit dem Nahmobilitäts-Check können Städte und Gemeinden passgenau zugeschnittene Maßnahmen zur Stärkung der Nahmobilität vor Ort entwickeln. Für den kompletten Prozessablauf stehen qualifizierte Fachbüros bereit, die alle erarbeiteten Ergebnisse und Maßnahmen in einem Nahmobilitätsplan für die Kommune zusammenführen. Neustadt wurde bei dem Prozess von den Planungsbüros mociety GmbH aus Wiesbaden und VIA eG aus Köln begleitet.
Von Januar bis September 2022 fanden trotz Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie Gespräche mit Verwaltung und Multiplikatoren, Ortsbegehungen und zwei öffentliche Workshops zur Nahmobilität statt. Auf rund 100 DIN A4 Seiten finden sich nun von den beiden Büros erarbeitete Bestandsaufnahmen, Handlungsempfehlungen und Maßnahmenvorschläge für die Themenfelder „Nahmobilitätsstation Bahnhof“, „ÖPNV und Bürgerbus“, „Barrierefreier Haltestellenausbau“, „Weiterentwicklung einer nachhaltigen touristischen Mobilität“, „Sichere und barrierefreie Querungshilfen“, „Schulwegesicherheit“, „Radverkehr – Verbindungen schaffen“, „Radverkehr – Wege verbessern und Konflikte lösen“, „Radverkehr – Infrastruktur“ und „Innenstadt: Marktplatz und Marktstraße“ wieder.
In Sachen Mobilität ist die Kommune derzeit aber noch auf einem anderen Gebiet unterwegs und lässt im Rahmen des Städtebauförderungsprogrammes „Sozialer Zusammenhalt“ eine Verkehrsuntersuchung für die Neustädter Innenstadt ergänzt um das von Schleichverkehren besonders betroffene Wohnquartier „Am Schalkert“ erstellen. Diese soll in den nächsten Wochen ebenfalls vorliegen.
„In der Vergangenheit sind wir immer gut damit gefahren uns von Experten beraten zu lassen, bevor wir mit der Umsetzung von Maßnahmen beginnen. Der Blick von außen hat dabei durchaus Vorteile. Der Nahmobilitätscheck nimmt insbesondere den Fußgänger- und Radverkehr in den Fokus der Betrachtung und die Verkehrsuntersuchung wird einen Schwerpunkt auf den Pkw-Verkehr legen. Beide Studien ergänzen sich also“, betont der Bürgermeister.
Thomas Groll verweist darauf, dass die Verkehrsuntersuchung auch Perspektiven für die Innenstadt nach der Verkehrsfreigabe der A 49 enthalten soll, denn dann dürfte in Markt-, Bahnhof- und Hindenburgstraße der Verkehr deutlich zurückgehen.
In seiner Haushaltsrede befasste sich das Stadtoberhaupt daher kürzlich auch mit der Bedeutung der Autobahn für die Kommune. Er sah große Chancen, verwies aber auch darauf, dass für die „Lehmkaute“ mit einer Verkehrszunahme aufgrund der Auf- und Abfahrt in Höhe der „Apostelbuchen“ zu rechnen sei. Die Interessen der dortigen Anlieger müsse man im Rahmen des Möglichen gegenüber den zuständigen Stellen vertreten.
Im Entwurf des Haushaltsplanes 2023 sieht der Bürgermeister über 150.000 Euro für Maßnahmen im Bereich der Nahmobilität bzw. für die Umsetzung von Vorschlägen beider Studien vor. „Damit machen wir deutlich, dass wir über die Thematik nicht nur reden wollen, sondern auch handeln“, hebt Groll hervor. Der zudem davon ausgeht, hier auch in Zukunft Mittel bereitzustellen bzw. Fördermittel einzuwerben.
Der Bürgermeister tritt allerdings der Erwartung entgegen, dass beispielsweise die Handlungsempfehlungen des Nahmobilitätschecks innerhalb kurzer Zeit abgearbeitet sein werden.
„Die Planer von mociety und VIA sprechen davon, dass es eine kurz-, mittel- und langfristige Umsetzungsperspektive gebe und nennen als dazugehörige Zeiträume die Jahre 2025, 2030 und 2035. Dies erscheint mir durchaus realistisch zu sein. Wir müssen Partner und Behörden ins Boot holen, planen, Fördermittel einwerben und Finanzierungskulissen aufbauen und natürlich alles in den Arbeitsablauf der Verwaltung integrieren“, so Thomas Groll. „Dies heißt aber natürlich nicht, dass nicht bereits 2023/24 erste Vorschläge umgesetzt werden.“
Zum Jahresende 2022 hat der Bürgermeister den Nahmobilitätscheck schon an den Regionalen Nachverkehrsverband, die Deutsche Bahn, den Landkreis und WIR für UNS – Bürgerverein Neustadt (Hessen) als Betreiber des Bürgerbusses versandt und konkrete Punkte angesprochen, denn sie alle braucht man nach den Worten Grolls um gut vorwärts zu kommen.
Das Stadtoberhaupt verweist weiterhin darauf, dass es Schnittmengen zwischen dem Nahmobilitätscheck und der Verkehrsuntersuchung sowie der „Zukunftswerkstatt Neustadt 2030“ und dem Landesprogramm „Zukunft Innenstadt“ gebe.
„Hier wird deutlich, dass in der Kommunalpolitik viele Punkte gibt, die man nicht separat denken kann, sondern die zusammengehören. Dies haben wir erkannt und wollen es uns zunutze machen“, betont Thomas Groll, der einige Punkte aus dem Nahmobilitätscheck anspricht:
Der Einschätzung der Planer, dass dem Bahnhof mittel- bis langfristig eine große Bedeutung als Mobilitätsstation zukommen könnte – barrierfreier Zustieg zu den Zügen, Park & Ride, Bushaltestelle u.a. – teilt der Bürgermeister. „Auch wenn uns die Bahn mitgeteilt hat, erst 2024 in Gespräche eintreten zu wollen, haben wir erst in diesen Tagen wieder Interesse bekundet und darum gebeten, rascher mit uns zu reden“, betont Groll. Auch mit den Eigentümern des Bahnhofsgebäudes redet er über einen Erwerb durch die Kommune. Zwar erkennt Groll hier „gewisse Begegnung“, aber noch sein man um Einiges auseinander.
Die Errichtung von über siebzig Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, darunter auch abschließbare Boxen und Boxen für Lastenräder, ist nach den Worten des Bürgermeisters ein erster Schritt hin zu der angesprochenen Mobilitätsstation.
Beim Bürgerbus raten die Planer zu einer höheren Flexibilität beim Fahrplan und einer Verknüpfung mit dem örtlichen Busverkehr des Regionalen Nahverkehrsverbandes.
Der Marktplatz sollte für Radtouristen attraktiver werden. Vorschläge sind hier eine Informationstafel, eine Fahrradservice-Stele und auch ein Verkaufsautomat mit regionalen Snacks.
Als besonders wichtig sehen die Planer die Erstellung eines Radverkehrskonzeptes für die Kommune an, in dem die Verbesserungen für den Radverkehr im planerischen Zusammenhang entwickelt werden. Dieser Empfehlung sollte die Kommune folgen, sagt der Bürgermeister. Im Zuge der laufenden Haushaltsberatungen werde er diesen Vorschlag aufgreifen. Nach seinen Recherchen kann ein solches über den Nahmobilitätscheck hinausgehendes Konzept mit bis zu 70 % nach dem Mobilitätsförderungsgesetz des Landes unterstützt werden.
Der Nahmobilitätsplan für die Stadt Neustadt (Hessen) ist unter folgendem Link einzusehen: https://neustadt-hessen.de/media/pdf/nahmobilitaet.pdf