Klimaschutz – Informationsveranstaltung für Stadtverordnete und Magistratsmitglieder
Zu Beginn der Legislaturperiode 2021 – 2026 hatte die FWG-Fraktion in der Neustädter Stadtverordnetenversammlung beantragt, die Amts- und Mandatsträger in einem Fachvortrag über den Klimawandel, dessen Entstehung und die damit verbundenen Auswirkungen zu informieren.
Ein Ansinnen, dem die anderen Fraktionen zustimmten, bestimmt das Thema doch auch die aktuelle Kommunalpolitik mit.
Bürgermeister Thomas Groll hatte daraufhin Kontakt zur Landesenergieagentur Hessen hergestellt. Kürzlich referierte Andreas Schubert von der Fachstelle Klimaschutz/Klima-Kommunen aus Wiesbaden im Historischen Rathaus zu der Thematik.
Er verwies u.a. darauf, dass weltweit 2019 36 Milliarden Tonnen Treibhausgas-Emissionen entstanden seien, rund 10% davon in Europa. Auf Deutschland entfielen etwa 750 Millionen Tonnen und auf Hessen 34 Millionen Tonnen, das entspräche dann 0,01% des Weltanteiles. Nach den Worten Schuberts produzieret ein 4-Personen-Haushalt rund 40 Tonnen Treibhausgas-Emissionen im Jahr. Ziel müsse es sein, diese Menge auf 2,5 Tonnen pro Personen zu begrenzen.
Der Referent verwies darauf, dass der Klimawandel eine globale Herausforderung für die Zukunft sei. 2015 sei das Klimaabkommen in Paris verabschiedet worden und im November diesen Jahres stehe ein weiteres Folgetreffen in Glasgow an. Auch das Land Hessen setze sich intensiv mit der Thematik auseinander.
Im Verlauf des Abends wurde deutlich, dass es sich um einen „menschenverursachten“ Klimawandel handelt, denn die Verstärkung des Ausstoßes von Treibhausgasen ist vom Menschen und dessen Verhaltensweisen verursacht. Die Folge ist, dass das Sonnenlicht nicht mehr ausreichend in das All abgestrahlt werden kann, was zu einer Aufheizung der Erde führe.
Schubert ging auch auf die Bedeutung der ökologischen Kipp-Punkte ein. Hierbei handelt es sich um abrupte Klimaänderungen, die langfristig seien und einen unumkehrbaren Prozess darstellten. Er nannte als Beispiele das Absterben von Wäldern, das Ergrünen der Sahara oder den Verlust von Permafrost-Bereichen. Auch die Bildung des Ozonloches wurde angeführt. Im Pariser Klimaschutzabkommen ist die 1,5% Grad Celsius-Forderung festgeschrieben. Hierbei geht es darum, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen und zwar gerechnet vom Beginn der Industrialisierung um 1850 bis zum Jahr 2100. Fast alle Staaten der Erde hätten sich auf der 21. UN-Klimakonferenz 2015 dazu verpflichtet. Noch seien allerdings keine Auswirkungen sichtbar.
Der Referent warf die Frage auf, ob der Klimawandel noch aufzuhalten sei. Dies gelänge nur dann, wenn die Weltbevölkerung den Ausschuss von Treibhausgasen gemeinschaftlich auf die Menge reduziere, die eine Stabilisierung und ggfs. sogar Optimierung des Weltklimas ermögliche. Dies setze eine weltweite große Anstrengung voraus, die im Kleinen, also auch in den Kommunen, beginnen müsse.
Deutlich wurde auch, dass die Frage „Was ist klimaneutral?“ nicht einfach zu beantworten ist, denn es gibt hier unterschiedliche Definitionen. In Hessen geht man aufgrund der Charta der hessischen Klimakommunen davon aus, dass Klimaneutralität dann erreicht sei, wenn das Treibhausgasniveau im Vergleich zu den Werten von 1990 um 90% vermindert wurde. 2045 wird hier als Ziel angestrebt.
316 der 443 hessischen Landkreise, Städte und Gemeinden gehören inzwischen den Klimakommunen an. Das Bündnis hat sich zur Aufgabe gemacht, Klimaschutz und Klimaanpassung als wichtige Aufgabe vor Ort zu definieren. Hierbei sollen nicht nur Handlungsfelder besprochen, sondern auch Maßnahmen festgelegt und umgesetzt werden. Die Landesenergieagentur Hessen berät hierbei interessierte Kommunen.
In seinen eingehenden Worten hatte Bürgermeister Thomas Groll bereits deutlich gemacht, dass Neustadt seit 2010 zu den Klimakommunen gehöre. Man habe in den letzten Jahren auch immer wieder bei Neuinvestitionen auf Energieeffizienz geachtet. Zudem seien mit verschiedenen Förderprogrammen Gebäudesanierungen durchgeführt oder auch die Straßenlampen zu großen Teilen auf LED-Technik umgestellt worden. Der Bürgermeister verwies darauf, dass es dennoch viele weitere Ansatzpunkte gäbe und er dafür eintrete, das künftige Handeln der Kommune konzeptionell zu „unterfüttern“.
Zwar habe man einen Klimaaktionsplan 2017 – 2021 verabschiedet und die meisten der seinerzeit angedachten Maßnahmen auch umgesetzt, dennoch gelte es den Klimaschutz vor Ort auf breitere Füße zu stellen und hier auch professioneller zu agieren. Dies brauche aber seine Zeit, so Thomas Groll. Ein Weg dazu könne die Schaffung der Stelle eines Klimaschutzmanagers gemeinsam mit den Nachbarkommunen Kirchhain, Rauschenberg, Amöneburg und Wohratal sein. Hier wird gerade der Förderantrag vorbereitet und man geht davon aus, dass die Stelle zur Jahresmitte 2022 besetzt sein dürfte.
Die örtliche Klimabilanz für die Gesamtkommune Neustadt dürfte sicherlich der hohen Zahlen von Windrädern bei Speckswinkel, der Bioenergie-Genossenschaft in Mengsberg sowie der bevorstehenden großflächigen PV-Anlagen äußerst positiv sein. Neustadt ist sicherlich in der Lage, mehr Strom zu erzeugen als hier verbraucht wird. Dies darf aber nach Auffassung der anwesenden Kommunalpolitiker nicht der Grund sein, sich auszuruhen und nicht weiter bzw. verstärkt aktiv zu werden. Vielmehr müsse man schauen, welche Maßnahmen die Kommune Schritt für Schritt in ihren eigenen Bereichen umsetzen könne und wie es gelänge, Privatpersonen zu motivieren sich ebenfalls hier zu beteiligen.
An der Diskussion beteiligten sich zahlreiche der anwesenden Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, darunter die Fraktionsvorsitzenden Hans-Dieter Georgi (CDU), Hans-Gerhard Gatzweiler (SPD) und Karsten Gehmlich (FWG) sowie die Stadtverordneten Merve Hamel (FWG), Karl-Heinz Waschkowitz (SPD) und Joachim Rausch (CDU).