Kultur- und Bürgerzentrum eingeweiht „Wir investieren in Steine und damit für die Menschen dieser Kommune.“
In kleinem Rahmen – etwa neunzig geladene Gäste bestehend aus Kommunalpolitikerinnen und -politikern, Mitarbeitenden der Verwaltung, Planern und Vertretern der bauausführenden Firmen sowie Kooperationspartnern und künftigen Nutzern – fand am 10. September 2021 die offizielle Einweihung des neuerbauten Kultur- und Bürgerzentrums in der Querallee statt.
Natürlich habe man „im Normalfall“ vorgehabt, dieses größte Bauprojekt in der Geschichte der Kommune mit 435 Besuchern, Tanzgarden und viel Musik einzuweihen, aber seit März 2020 sei aufgrund der Corona-Pandemie eben nichts mehr „normal“, so Bürgermeister Thomas Groll im Vorfeld der Veranstaltung. Dennoch habe der Magistrat sich dafür ausgesprochen eine Eröffnungsveranstaltung durchzuführen. Diese gehöre „einfach dazu“ und solle eine Art „Startschuss“ für einen neuen Abschnitt sein.
Die musikalische Umrahmung des Abends oblag der Marburger Sängerin Ulla Keller. Diese präsentierte unter dem Motto „Petticoat und Platzpatronen“ gekonnt deutsche Schlager aus den 1960er Jahren. So konnte man an diesem Abend u. a. „Ich will keine Schokolade“, „Schuld war nur der Bossa Nova“ oder „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ hören.
War die alte Bühne knapp über 60 qm groß, so stehen nun 90 qm zur Verfügung. So war es möglich, diese quasi zweizuteilen. Links standen Rednerpult, der Spaten vom ersten Spatenstich und ein überdimensionaler Schlüssel, rechts dann das „Wohnzimmer“ von Ulla Keller mit Sesseln und Tisch. Die Vorbereitung hierfür hatte Sonja Stark von der Stadtverwaltung mit den Hausmeistern übernommen.
Pfarrer Andreas Rhiel musste an diesem Abend noch einen Gottesdienst in Amöneburg halten und so wurden Gebet, Fürbitten und Segen für Gebäude, Nutzer und Verantwortliche der Kommune am Anfang der Eröffnung vollzogen. Der katholische Geistliche vertrat auch Pfarrerin Kerstin Kandziora, die im Urlaub ist.
Zur Überraschung aller trat dann als erste Rednerin“ Leonie Groll auf die Bühne. Die junge Dame erklärte, dass sie „im Normalfall“ mit ihrer Tanzgruppe am Eröffnungsabend aufgetreten wäre, dies aber aus bekannten Gründen leider nicht gehe, deshalb wolle sie alle Gäste willkommen heißen und ihnen einen schönen Abend wünschen. „Wenn die Veranstaltung drei Wochen später gewesen wäre, hätte vielleicht auch Frau Merkel Zeit gehabt …“, stellte sie mit einem Lächeln fest. Den Ball griff der Bürgermeister später auf und erklärte, die Kanzlerin einmal zu einer historischen Veranstaltung einzuladen.
Thomas Groll begrüßte anschließend nochmals offiziell die Anwesenden und hieß besonders den Vertreter der Landesregierung, Staatssekretär Dr. Stefan Heck, Landrätin Kirsten Fründt, den Landtagsabgeordneten Dirk Bamberger und die Kreisbeigeordnete Sigrid Waldheim willkommen. Ein besonderer Gruß galt Erstem Stadtrat Wolfram Ellenberg, der Geburtstag hatte. Unterstützt von Ulla Keller brachten ihm die Anwesenden ein Ständchen dar.
In seiner Haushaltsrede 2019 hatte der Bürgermeister den Neubau des Kultur- und Bürgerzentrums als „Wunder“ bezeichnet. Folgerichtig erklang von Ulla Keller zur Eröffnung das 1970 von Katja Ebstein gesungene Lied „Wunder gibt es immer wieder…“.
In seiner Ansprache ließ Thomas Groll die Geschichte des „Hauses der Begegnung“, 1979 eröffnet und 2018 abgerissen, und des Neubaus Revue passieren. Den Erwerb des ehemaligen „Soldatenheimes“ durch die Kommune unter Federführung des damaligen Bürgermeisters Manfred Hoim, der am Eröffnungsabend anwesend war, im Jahre 1992 bezeichnete Groll dabei auch im Nachhinein als richtig, denn die Kommune brauchte auch schon seinerzeit ein Bürgerhaus. Dass es damals ein zinsloses Darlehen des Bundes gab, sei erfreulich, dass man dieses noch bis 2042 tilgen müssen ein Wermutstropfen, aber nicht zu ändern.
2014/15 habe man davon ausgehen müssen, dass das alte Gebäude mittelfristig aufgrund baulicher und energetischer Mängel geschlossen werden müsste. Mit der Schaffung der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der ehemaligen Kaserne und der damit verbundenen Aufnahme in das Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ hätten sich dann aber völlig neue Möglichkeiten eröffnet.
Zunächst sei eine Sanierung für 3,9 Mio. Euro ins Auge gefasst worden. Hiervon habe die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen aber massiv abgeraten und die Förderung mit einem Fragezeichen versehen. Innerhalb von zwei Wochen, so Thomas Groll, habe man mit großer Unterstützung von Heike Brandt, Büro für Stadtplanung- und Regionalentwicklung akp aus Kassel, ein Nutzungskonzept für einen Neubau aus dem Hut gezaubert. Dieses sei letztlich die Basis für die Förderkulisse von rund 5,3 Mio. Euro (bei Baukosten von 6,6 Mio. Euro) gewesen. Der Bürgermeister dankte Land und Kreis für die gewährte Unterstützung. Man müsse sich vor Augen führen, dass das Bauvorhaben ohne Kreditaufnahme hätte umgesetzt werden können.
Lobend erwähnte Groll die Damen und Herren der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats. Sie seien den von ihm eingeschlagenen Weg voller Überzeugung mitgegangen und hätten somit Anteil am Erreichten.
Dank galt auch den Mitarbeitenden der Verwaltung. Hier nannte er u.a. den Bauamtsleiter Thomas Dickhaut, dessen Stellvertreter Peter Lippert und Guendalina Balzer, die die Fördermittel verwaltete.
Thomas Groll hob auch den Einsatz aller Planer und Firmen hervor. Insbesondere nannte er hier Dr.-Ing Stefan Strack und dessen Mitarbeiter Lars Ruhl von Schmidt und Strack Architekten aus Alsfeld. Kosten- und Zeitplan seien bis auf Nuancen eingehalten worden.
Der Bürgermeister vergaß bei seinem Rückblick aber auch nicht den polnischen Bauarbeiter Jan Klimczek, der beim Abbruch im Dezember 2018 auf tragische Weise ums Leben kam. Ein Spendenaufruf der Kommune hatte seinerzeit 7.000 Euro für dessen Familie erbracht.
Thomas Groll ordnete den Neubau des Kultur- und Bürgerzentrums in den Kontext der investiven kommunalen Vorhaben der Jahre 2018-2025 ein. „Das Gesicht dieser Stadt verändert sich. Wir haben große Chancen, um die uns andere durchaus beneiden und die es zu nutzen gilt. Dies ist eine arbeitsintensive Phase, aber wenn es „Brei“ – sprich Zuschüsse – regnet, dann müssen die Löffel raus“, so der Rathauschef.
Mit dem Kultur- und Bürgerzentrum habe man in Steine und damit für die Menschen der Neustädter Kernstadt, aber auch der Stadtteile, investiert. Das Gebäude solle mit seinen vielfältigen Angeboten die „soziale Mitte“ der Kommune werden und damit ein wahres „Haus der Begegnung“.
„Heute ist ein Tag der Freude, aber es geht weiter, immer weiter. Wir wollen daher auch zukünftig aktiv Stadtentwicklung betreiben. Das Motto des Stadtjubiläums 2022 lautet „Neustadt gestern, heute und morgen“, also nehmen wir die Zukunft unsere Heimatstadt weiterhin in die Hand und suchen nach neuen Fördermöglichkeiten, Projekte gibt es schließlich genug“, schloss der Bürgermeister seine Ausführungen.
Landrätin Kirsten Fründt gratulierte Neustadt zu seiner Entwicklung in den letzten Jahren. Die Kommune investiere in ihre Infrastruktur und werde so als Wohnstadt im ländlichen Raum attraktiv für Zuzüge. So bescheinigte Bürgermeister und Kommunalpolitiker Mut bei ihren Entscheidungen und ein konzeptionelles Vorgehen.
Nach zwei weiteren Liedbeiträgen Ulla Kellers sprach Dr. Stefan Heck, Staatssekretär im Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport zu den Anwesenden. Er gratulierte der gesamten Kommune zu ihrem neuen Bürgerhaus und damit ihrer neuen Mitte. Dr. Heck bezeichnete den Bürgermeister als „Fördertopfkönig“, den man in fast allen Wiesbadener Ministerien kenne und als einen „Macher“ unterstützt von den Damen und Herren der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats. Der Staatssekretär wünschte dem Gebäude eine gute Auslastung für die Zukunft und den Neustädtern viele schöne Veranstaltungen in „ihrem“ Haus.
Dr.-Ing. Stefan Strack hielt das letzte Grußwort des Abends. Er berichtete humorvoll über den Verlauf der Baumaßnahme und hob das gute Miteinander mit der Stadtverwaltung hervor. Besonders erwähnte er den Einsatz des Bürgermeisters, der den Bau „intensiv“ begleitet habe und der auch nach 23 Uhr noch Mails versende. Da er darauf zumeist umgehend geantwortet habe, hätte seine Frau schon eine Affäre vermutet.
Mit weiteren Liedern Ulla Kellers klang eine stimmungsvolle Einweihungsfeier aus. Beim Abschlusslied – Hildegard Knefs „Für dich soll es rote Rosen regnen“ - durfte Leonie Rosen in den Saal streuen. Bleibt nur zu hoffen, dass die eingangs als fehlend beklagte Normalität alsbald wieder einzieht.