Das subjektive Sicherheitsgefühl gilt es zu stärken
Auch wenn Neustadt (Hessen) bezüglich der begangenen Straftaten keine negative Position in der Statistik einnimmt, sondern in den letzten Jahren sogar teilweise unter dem Landesdurchschnitt lag, so ist es dennoch wichtig, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Einwohnerinnen und Einwohner besondere Beachtung der Verantwortlichen auf den unterschiedlichen Ebenen findet. Aus diesem Grunde hatte Bürgermeister Thomas Groll gemeinsam mit dem Ersten Stadtrat Wolfram Ellenberg kürzlich zur einem „Sicherheitsgespräch“ eingeladen. Hieran nahm Abteilungsdirektor Manfred Becker, beim Regierungspräsidium in Gießen zuständig für die Hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete, ebenso teil wie Vertreter der Polizeidirektion Marburg und der Polizeistation Stadtallendorf sowie der Bundespolizei aus Kassel.
Der Bürgermeister berichtete eingangs ebenso, wie nach ihm der „Schutzmann vor Ort“ Gunter Weber über seine Sicht der Dinge. Hier sei festzustellen, dass es in den letzten Wochen eine vermehrte Anzahl von Beschwerden gegeben habe und sich Menschen insbesondere im Bereich des Bahnhofes „unsicher“ fühlen. Dies, so Thomas Groll, bestätige auch eine im Rahmen der Sicherheitsinitiative „KOMPASS“ durchgeführte repräsentative Befragung von Professorin Dr. Britta Bannenberg von der Justus-Liebig-Universität Gießen. Diese hatte ebenfalls den Bahnhof als einen „Unsicherheitsort“ ausgemacht.
Der Bürgermeister verwies darauf, dass die Kommune in den letzten beiden Jahren erhebliche Gelder in den Ausbau der Straßenbeleuchtung investiert habe – gerade auch im Umfeld des Bahnhofes. Weiterhin habe man sich gemeinsam mit dem Rhein-Main-Verkehrsverbund finanziell engagiert und eine Teilsanierung des Bahnhofsinnenbereiches durchgeführt.
Nun gelte es aber, weitere Maßnahmen zur Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühles auf den Weg zu bringen.
Abteilungsdirektor Becker berichtete davon, dass in der Außenstelle der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung gegenwärtig 615 Geflüchtete untergebracht seien. Hierbei handele es sich zu einem großen Teil um alleinlebende junge Männer. Man habe von der Zielsetzung, nicht mehr als 600 Menschen in der EAE Neustadt unterzubringen, abweichen müssen, da der Standort Rotenburg geschlossen wurde und der Standort Bad Arolsen noch nicht alle hierfür vorgesehenen Menschen aufnehmen konnte. Die Belegung soll aber wieder zurückgeführt werden. In den vergangenen Monaten sind fast nur allein reisende jüngere Männer, insbesondere aus Afrika, nach Deutschland gekommen. Zudem wurde im September 2019 die bundesgesetzliche Grundlage geändert und alleinlebende Personen, die einen ablehnenden Bescheid bekommen hätten, müssten nun bis zu 18 Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht werden. Dies sei bedauerlich, aber von „oben“ so verordnet worden, stellte Becker fest.
Bürgermeister Thomas Groll war es wichtig darauf hinzuweisen, dass man als Kommune frühzeitig über die Rückmeldungen aus der Bevölkerung die Verantwortlichen informiere und gemeinsam überlegen müsse, wie man das subjektive Sicherheitsgefühl verbessern könne.
Als erste Maßnahmen wurden im Rahmen des Gespräches folgende Dinge auf den Weg gebracht:
- In der Erstaufnahmeeinrichtung wird die wegen Corona unterbrochene Wertevermittlung wieder aufgenommen.
- Die Bundespolizei bestreift den Neustädter Bahnhof bereits verstärkt und wird dies beibehalten.
- Seitens der Erstaufnahmeeinrichtung wird veranlasst, dass sämtliche Fahrräder auf ihre Verkehrstauglichkeit überprüft werden.
- Die Erstaufnahmeeinrichtung wird prüfen, das dortige W-LAN auszubauen.
- Die Kommune wird mit der Deutschen Bahn Kontakt aufnehmen, um eine Sicherheitspartnerschaft für den Bahnhof – die es bereits in anderen Kommunen gibt – auf den Weg zu bringen.
Die Vertreter der Polizei warben dafür, dass man Wahrnehmungen und eventuelle Straftaten sofort melde, um die Aufklärungsmöglichkeiten zu verbessern. Es nütze wenig, hiervon nur Dritten zu berichten oder zu schreiben, wenn man nicht gleichzeitig in Stadtallendorf anrufe und eine Anzeige aufgebe.
Der Vertreter der Bundespolizei bekräftigte diese Aussagen. Sämtliche Züge würden videoüberwacht und die Aufnahmen 72 Stunden lang aufbewahrt. Sollte es in Zügen also zu ahnungswürdigen Verhalten kommen, sollte man dies ebenfalls der Polizei oder der Bundespolizei mitteilen.
Bürgermeister Thomas Groll sieht das Sicherheitsgespräch als einen Schritt, der natürlich eine Fortsetzung finden müsse.
Bürgermeister Thomas Groll dankte allen Teilnehmern am „Sicherheitsgespräch“ für ihre zielführenden Beiträge. Man kam überein, diese Art der Unterredung regelmäßig fortzuführen.
Er appellierte zugleich an die in der EAE untergebrachten Geflüchteten, sich an die hiesigen Werte und Gesetze zu halten. „Wer bei uns zu Gast ist und von uns finanzielle Unterstützung erfährt, der muss sich auch entsprechend verhalten. Viele tun dies, einige leider nicht. Mir ist aber auch der Hinweis wichtig, dass es natürlich immer nur ein kleiner Teil ist, der sich danebenbenimmt. Hier müssen wir ansetzen und da haben wir heute einen ersten Schritt getan“, erklärte der Bürgermeister.