Soziale Stadt - Neustadt Bürgermeister Groll: „Programmaufnahme ein Glücksfall für Neustadt.“
Im Zuge der Schaffung einer Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der ehemaligen Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne gelang Neustadts Bürgermeister Thomas Groll im Herbst 2015 die Aufnahme der Kommune in das Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“.
Diese Entscheidung der hessischen Landesregierung habe sich in den vergangenen drei Jahren als ein wahrer Glücksfall für Neustadt erwiesen, betonte Groll kürzlich anlässlich einer Sitzung der Lenkungsgruppe „Soziale Stadt“ und verwies zugleich darauf, dass diese Erfolgsstory auch 2019 fortgeschrieben werde.
Bisher seien der Stadt Neustadt (Hessen) im Rahmen des Städtebauförderungsprogrammes „Soziale Stadt“ (Förderquote etwa 75 %) und des eng damit zusammenhängenden Programmes „Investitionspakt Soziale Infrastruktur im Quartier“ (Förderquote 90 %) für verschiedenste Maßnahmen förderfähige Kosten in Höhe von über 6,6 Mio. Euro seitens des hessischen Umweltministeriums anerkannt worden. Der von der Kommune zu leistende Eigenanteil beläuft sich auf rund 1,1 Mio. Euro, die Fördermittel demnach auf 5,5 Mio. Euro.
„Leuchtturmprojekt“ ist dabei natürlich der Neubau des Kultur- und Bürgerzentrums mit grundsätzlich förderfähigen Kosten von bisher über 5,5 Mio. Euro. Die genaue Höhe wird hier erst nach Abschluss der gerade laufenden baufachlichen Prüfung durch die Wirtschafts- und Infrastrukturbank feststehen.
Neben der zeitaufwändigen Planung dieses Großvorhabens und dem im Herbst letzten Jahres begonnenen Abriss des Bestandsgebäudes wurden seit Herbst 2016 ein Quartiersmanagement aufgebaut und eine Vielzahl weiterer Maßnahmen bereits umgesetzt bzw. auf den Weg gebracht.
Die Zusammenkunft der Lenkungsgruppe nutzten Bürgermeister Thomas Groll und die beiden Quartiersmanagerinnen Heike Brandt und Svetlana Nerenberg daher auch dazu, um sowohl auf bisher umgesetzte als auch 2019 anstehenden Projekte zu blicken.
Der Bürgermeister verwies aber zunächst darauf, dass man im Rahmen der „Sozialen Stadt“ nicht nur „in Steine“ investieren wolle. Es gehe ihm auch darum, schrittweise eine aktive Bürgergesellschaft zu schaffen. Dazu gehöre die Entwicklung und Umsetzung von Ideen aus der Bürgerschaft heraus ebenso wie eine Stärkung des ehrenamtlichen Engagements. Hierbei sei das Quartiersbüro in der Marktstraße die Anlaufstelle für alle interessierten Einwohnerinnen und Einwohner. Svetlana Nerenberg, die dort regelmäßig anzutreffen ist, habe sich in den letzten beiden Jahren ein Netzwerk aufgebaut und wisse auch vor Ort schon gut Bescheid. Als positiv bewertete Thomas Groll das gute Miteinander des Quartiersmanagements mit der Gemeinwesenarbeit (GWA) und der Jugend- bzw. Schulsozialarbeit. „Hier zeigt sich, dass es richtig ist, mit dem bsj Marburg lediglich einen Partner mit diesen wichtigen Aufgaben zu betrauen, so können Reibungsverluste vermieden werden und Parallelstrukturen werden vermieden“, betonte der Bürgermeister. Der bsj sei nun auch in den Aufbau einer in die Zukunft gerichteten Seniorenarbeit und der Konzeption des Familien- und Generationenzentrums von 0-99 Jahren im künftigen Kultur- und Bürgerzentrum eingebunden.
Als ein Vorhaben, dass aus Gesprächen mit der Quartiersmanagerin heraus entstand, nannte der Bürgermeister den Waldkindergarten, der inzwischen von 13 Kindern besucht wird und für den bis Ende 2020 weitere Anmeldungen vorliegen, so dass er dann voll belegt sein dürfte.
Svetlana Nerenberg konnte ergänzend dazu berichten, dass das Quartiersmanagement – oftmals gemeinsam mit der GWA – auch in 2018 wieder an zahlreichen Veranstaltungen teilgenommen habe und nannte u. a. den „Rotkäppchentag“, das Suppenfest oder das Kinderfest im Rahmen der Innenstadt-Offensive „Ab in die Mitte“. Gemeinsam mit Geflüchteten wurde auch ein Gemeinschaftsgarten im Innenstadtbereich geschaffen.
2019 soll das diesbezügliche Engagement fortgesetzt werden. Vorgesehen sind neben Aktionen mit der GWA auch ein engeres Miteinander mit dem Diakoniezentrum HEPHATA, das in Neustadt auch vielfältig vertreten ist, und voraussichtlich ab Mitte 2020 ebenfalls Räumlichkeiten im Kultur- und Bürgerzentrum nutzen wird.
Im laufenden Jahr soll auch die Zusammenarbeit mit der Alzheimer Gesellschaft Marburg-Biedenkopf ausgebaut werden. Im Verlauf des Monats Februar findet hierzu ein Abstimmungsgespräch statt. Auch sind wieder ein Kinder- und ein Suppenfest vorgesehen.
Weitere Vorhaben in diesem nichtinvestiven Bereich sind die geplante Einrichtung eines Bürgerbusses und eines – so der Arbeitstitel – „Bürgervereins“ für die Gesamtkommune, unter dessen Dach möglicherweise auch eine Bürgerhilfe wie in Lahntal oder Mardorf realisiert werden könnte.
„Sorgenkind“, so Bürgermeister Thomas Groll, sei das Wohnquartier Leipziger Straße. Im Rahmen der „Sozialen Stadt“ wurde dort ein Spielplatz geschaffen. Dieser werde gut angenommen und erfreulicherweise auch pfleglich behandelt. Leider gäbe es aber bisher kein Miteinander mit dem Eigentümer der Wohnblocks. Telefonate, Mails und Briefe seien letztlich ohne Erfolg geblieben. Auch an einer Stadtteilkonferenz habe sich der Eigentümer trotz Einladung nicht beteiligt. „Ich bedauere sehr, dass man dort bisher die Chance nicht erkennt, die ein aktives Mitwirken für das Wohnquartier insgesamt brächte. Aber wir bleiben am Ball und haben zum Jahresbeginn erneut nach Leipzig geschrieben“, so der Bürgermeister. Thomas Groll hat in diesem Zusammenhang auch auf die zunehmende Vermüllung im Bereich der oberen Leipziger Straße hingewiesen. Dieser Zustand sei nicht tragbar und müsse seitens des Eigentümers rasch behoben werden.
Nachdem 2018 ein Spielplatz in der Emil-Rössler-Straße im sogenannten partizipatorischen Verfahren unter Beteiligung der Anwohner geschaffen werden konnte, ist 2019 ein grundlegender Umbau des Spielplatzes in der Aue vorgesehen. Die Maßnahme soll in der zweiten Woche der Osterferien durchgeführt werden. Auch hier sind alle Anwohner aus den Bereichen Ringstraße, Am Schalkert und den anliegenden Seitenstraßen eingeladen, sich aktiv einzubringen. Anfang Februar soll ein Workshop stattfinden, um gemeinsam die Konzeption zu erarbeiten. Die offizielle Einweihung des Spielplatzes ist für den 11. Mai – den Tag der Städtebauförderung – vorgesehen.
In 2019 sollen endlich auch die Eingangsbereiche Maktstraße/Weidenbrunnen und Marktstraße/Café Möller umgestaltet werden. Die Planungen hierzu mussten überarbeitet werden, da die vorhandenen Pergolen am Weidenbrunnen vollständig und im Bereich Café Möller zum Teil abgängig sind. Während es für den Weidenbrunnen noch Beratungsbedarf gibt, sollen beim Café Möller u.a. zwei Laubbäume gepflanzt und kleine Sandsteinmauern geschaffen werden. Diese sollen den beliebten Platz zur Fahrbahn hin besser abgrenzen und auch als Sitzgelegenheiten dienen.
Die Studie für einen Neustädter Kunst- und Kulturpfad wurde zwischenzeitlich fertiggestellt. Die Verfasser des Kunstkonzepts „NEUwieNEUstadt. Kunst und Kommunikation“ möchten für die Menschen in und um Neustadt neue Kunstorte der Kommunikation im öffentlichen Raum schaffen: „Spielräume“, Aktionsräume des Kennenlernens und des Austausches. Auch wird vorgeschlagen, regelmäßig Künstler einzuladen, die entsprechend einzelner Handlungsfelder partizipatorische Projekte anbieten. Das Konzept, so Bürgermeister Thomas Groll, enthalte nach seiner Auffassung zahlreiche gute Ansätze. Nun gelte es zu schauen, was tatsächlich umsetzbar und auch finanzierbar sei. „Auf alle Fälle sollten wir hier tätig werden. Für die Schublade ist das Konzept sicher zu schade“, betont Groll. Möglicher erster Ansatzpunkt könnte ein Kunstwerk zur Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Neustadt und Momberg sein. Auch das Stadtjubiläum Neustadt750 in 2022 hat der Bürgermeister hier im Blick.
Eine Machbarkeitsstudie für den Zwischenbau des „Hauses der Vereine“ zur Gaststätte „Zur Krone“ hin wird gegenwärtig fertiggestellt. Der Verfasser, so Bürgermeister Groll, schlage vorrangig vor, das Gebäude als Hostel zu nutzen und dort kostengünstige Übernachtungsmöglichkeiten zu schaffen, da solche in der Kommune fehlten. Mit Fördermitteln steht 2019 erst einmal eine Entrümpelung des Gebäudes an.
Die ebenfalls angedachte Studie zum Bahnhof und dessen Umfeld wurde zunächst zurückgestellt werden. In Kürze stehen Gespräche mit dem neuen Eigentümer an. Der Bürgermeister und die Quartiersmanagerinnen erhoffen dann mehr über dessen Pläne zu erfahren.
Unmittelbar vor der Fertigstellung steht auch die Machbarkeitsstudie für die Umgestaltung des Bürgerparks. Hier ist der I. Bauabschnitt für 2019 vorgesehen, der II. soll dann 2020 folgen.
Darüber hinaus steht in diesem Jahr die Umgestaltung des Schulhofes der Martin-von-Tours-Schule am Standort Querallee auf der Agenda.
„Wir haben ein ehrgeiziges Programm im Jahre 2019 vor. In bewährter Weise werden wir es Schritt für Schritt angehen. Unser Ziel ist die Weiterentwicklung Neustadts, diese wird uns Dank der großen Unterstützung des Landes ermöglicht“, stellt Bürgermeister Thomas Groll fest, der für 2019 darauf hofft, dass auf dem Bausektor wieder etwas Ruhe einkehrt und die Preise „überschaubar“ bleiben.
Ab 2019 wird es auch einen mit jährlich 35.000 Euro ausgestatteten Verfügungsfonds für kleinere Maßnahmen geben. Die Richtlinie wird gegenwärtig vom Umweltministerium geprüft.
Unterstützt werde sollen Maßnahmen zur Attraktivierung der Innenstadt und der Wohnquartiere Leipziger Straße und Emil-Rössler-Straße. Hier kann es beispielsweise um die Verringerung von Leerständen, die Schaffung und Aufwertung von Aufenthaltsbereichen etwa durch zusätzliche Begrünung und Sitzgelegenheiten oder auch die Unterstützung von Veranstaltungen gehen.
Die Förderquote beträgt zumindest 90 %, die Höchstsumme pro Vorhaben 5.000 Euro. Über die Verteilung der Mittel soll die Lenkungsgruppe mit weiteren lokalen Akteuren beraten.
Noch bis zumindest 2025 wird Neustadt vom Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ partizipieren.